Vor einigen Jahren war ich in einer Beziehung, die psychisch gewalttätig war. Mein damaliger Partner hat mich manipuliert, systematisch belogen, von meinen engsten Freund*innen distanziert, vor seinen Freund*innen verleumdet, absichtlich emotional verletzt und psychisch missbraucht. Ganz lange Zeit habe ich nicht verstanden, dass das, was er da tat, Gewalt war. Ich wusste nur, dass ich mich in seiner Gegenwart häufig schlecht fühlte, konnte allerdings nie genau benennen, warum eigentlich.
Heute weiß ich, dass es daran lag, dass er meine Realität bis zur Unkenntlichkeit verdreht hatte. Ich fühlte mich in Anwesenheit des Menschen, der mein sicherer Hafen hätte sein sollen, immer unsicherer – weil das genau das war, was er wollte. Ging es mir schlecht, konnte er sich stark fühlen und meinen Retter spielen. Ging es mir gut, kreierte er Situationen, nach denen ich mich miserabel fühlte. Etwa indem er Streit mit mir begann, an dem er mir im Anschluss die Schuld gab.
Was habe ich falsch gemacht?
Häufig tauchten auch – mal kleinere, mal größere – Vorwürfe gegen mich auf, die allerdings sehr vage und unklar blieben. Wenn ich ihn daraufhin fragte, was genau ich falsch gemacht hatte und wie ich es beim nächsten Mal besser machen könnte, antwortete er meist nur: „Das weißt du selbst am allerbesten. Spiel jetzt nicht die Dumme und denk lieber über dein Verhalten nach!“ Also dachte ich über mein Verhalten nach. Da ich allerdings keinerlei Anhaltspunkte darüber hatte, was genau ihn eigentlich störte, kam ich nie zu einer Lösung. Ich reimte mir also selbst Dinge zusammen, die ich falsch gemacht haben könnte.
Meiner emotionalen Gesundheit hat das extrem geschadet. Insbesondere weil kein Dialog mit ihm darüber möglich war, was ihn an mir störte. Doch ich suchte die Gründe dafür nie in seinem Verhalten, sondern in meinem. Ich begann, mich in Gedankenspiralen zu verheddern, aus denen es keinen Ausweg gab und fiel in eine schwere depressive Episode. Da negative Grübelgedanken allerdings ein Symptom für eine Depression sind, ging ich lange Zeit davon aus, dass die Depression mir diese Gedanken bescherten – und nicht davon, dass ich eine Depression bekam, weil mein damaliger Partner mich in diese Spiralen stürzte, indem er nicht konkret mit mir über angebliches Fehlverhalten meinerseits redete.